Landwirtschaft und Eisenbahn...
Bis in die heutige Zeit ist die Landwirtschaft im Bahnverkehr nicht wegzudenken. Auch wenn heute nur noch Ganzzüge verkehren der Einzelwagenverkehr stillgelegt wurde ist das Thema noch nicht Tabu. Maßgebend sind nicht nur die zahlreichen Transporte für die Landwirtschaft, auch ihre Besonderheiten, Anlagen und Abläufe durch die Eisenbahn und in ihrem Zusammenhang. Auch ländliche Motive mit entsprechenden Fahrzeugen, Anlagen und Zubehör sollen als Anregung dienen.
Zur Historie im Eisenbahn Landwirtschaftsverkehr
Neben Reiseverkehr, Güterverkehr aller Art, ist der Landwirtschaftsverkehr mit eines der meisten Gutarten auf Bahnstrecken. Zum Teil wurden auch Strecken nur für den Transport von Landwirtschaftsgütern errichtet. Im nördlichen Bereich des Östlichen Bereich der Rbd Erfurt zur angrenzenden Rbd Halle waren dies die Strecken von Porstendorf nach Crossen, Camburg - Zeitz, Naumburg - Zeitz und Weißenfels - Zeitz. Auch die Strecken Großkorbetha - Deuben - Zeitz und Leipzig Plagwitz - Pörsten - Zeitz waren alles Transportstrecken für Landwirtschaftsgüter aller Art. Nicht nur zur Versorgung der Bevölkerung der Städte und des Einzugsgebietes von Leipzig, Halle, Gera und Zeitz, auch die riesige Zuckerfabrik in Zeitz "verschlang" Unmengen an Zuckerrüben, die als Massentransporte hier nach Zeitz gelangten. Auch Ganzzüge aus dem Thüringer Becken und dem Harzvorland gingen über Erfurt - Naumburg oder Weißenfels nach Zeitz. Bis in die heutige Zeit hat Zeitz für die Zuckerproduktion in Deutschland eine große Bedeutung.
Aber auch in anderen Teilen Deutschlands gab es "Zuckerbahnen" wie sie oft scherzhaft genannt wurden. Selbst Feld- und Schmalspurbahn Netze in Mecklenburg oder in Sachsen Anhalt sorgten für Bahnbetrieb.
Neben den Transportmengen an Getreide, Hafer, Roggen, Mais, Kartoffeln und Rüben sowie Hopfen beschränkte sich der Transport nicht nur auf die Ernteprodukte oder Fertigwaren. Die Landwirtschaft war fast das ganze Jahr Kunde der Bahn. Angefangen von Düngemitteln, Saatgut, Futtermittel, Futter, Tierergänzungsprodukte, Viehtransporte, Landmaschinen, Kohle, Koks, verschiedene Ölsorten, Material und Ausrüstungsgegenstände für die Landwirtschaft, Bauholz, Baustoffe waren auch Stückgüter vorgesehen. Erinnert man sich nicht nur an riesige Landwirtschafts LPG`s" auch Groß- und Einzelbauern benötigten verschiedene Produkte. Nicht nur lange Ladestrassen oder Anschlußgleise wurden benötigt, so waren auch Gleise der Raiffeisen, BayWa und BHG Niederlassungen von Bedeutung. Diese wurden fast ganzjährig durch Nahgüterzüge oder Übergaben bedient. So war fast kaum eine Wagengattung mit Ladegütern die es nicht gab. Zahlreiche Anschlüße verfügten über Kleinlokomotiven, Zweiwegefahrzeuge oder Rangiergeräte für den Rangierdienst. Auch Lokschuppen und kleine Unterhaltungsanlagen waren vorhanden.
Mit der Vergrößerung von Feldflächen ab den 70er Jahren waren Ganzzugleistungen und der Neubau riesiger Siloanlagen an der Tagesordnung. Die an Bahnhöfen errichtet wurden und über Anschlußgleise verfügten. Der Ganzzugverkehr war hier an der Tagesordnung.
Neben den ländlichen Handelsgesellschaften und Siloanlagen waren Transporte zu Brauereien, Schlachthöfen, Viehhandlungen, Lebensmittelfabriken, Molkereien, Käsereien und Brennstoffhandlungen vorhanden. Auch Werkstätten, Landwirtschafts- Maschinen Hersteller sorgten für Transportaufkommen.
Sicherlich gibt es noch unterschiedliche regionale Anschlüsse, aber die Aufstellung zeigt, daß das Thema sehr umfangreich ist und sich gut in der Modellbahn integrieren läßt und für Abwechslung sorgt. Verschiedene Betriebs- und Rangiersituationen lassen sich nachgestalten.
Selbst der kleinste Bahnhof oder Haltestelle verfügte über ein Ladegleis.
Ausgehend von den Bahngesetzen die der Staat ab 1880 erlies, wurde zur Sparsamkeit aufgefordert. So mußten nach Kleinbahngesetzen Öffentliche Ladegleise und alle anderen Bahnversender / - Empfänger Ladegleise und Anlagen gemeinsam nutzen. Erst mit der Vergrößerung der Städte und Gemeinden in der Gründerzeit nach 1900 / 1910 wurden ehemalige Anlagen komplett umgebaut und neu konzipiert. So gab es danach für viele Firmen eigene Gleise und Anlagen. Hier wurden auch in Eigenregie Lagergebäude, Kran- und Ladeanlagen errichtet. Bei Local- und Kleinbahnen änderte sich wenig, da hier oft das Fracht- und Verkehrsaufkommen sehr gering war. Umbauten waren den Erfordernissen des Bevölkerungswachstums in den Städten angepasst.
Vom Vorbild zum Modell
Auch heute bietet das Vorbild noch rudimentäre Vorlagen, obwohl zahlreiche Weichen- und Gleisverbindungen "gekappt" sind. Vorlagen aus Historischem Literaturmaterial, Heimatforschungen ergänzen die ganze Geschichte.
Ein einfaches Gleis mit Lagergebäude ist schnell "hingezimmert" wo ein Wagen ent - oder beladen werden soll. Aber eine Siloanlage oder Futtermittelhandel verlangen ein zweites Gleis zum abstellen und rangieren, so das leere oder beladene Wagen zwischen den Gleisen rangiert und abgestellt werden können. Auch Saisonbedingte Ganzzüge für Rüben, Mais, Kartoffeln, Getreide, Gerste, Hopfen e.t.c. können hier gebildet werden. Neben der Erntesaison kann auch im Winterhalbjahr noch vom Silo abgefahren werden. So werden diese Anlagen recht intensiv im Jahr genutzt. Auch etwas Platz für Traktoren, Bagger, Lagerflächen sollte am Anschluß mit eingeplant werden. Platzmäßig bietet sich auch die Gestaltung der Gebäude im Halbrelief an um Platz zu sparen. Es finden sich preiswerte Bauten zur Umgestaltung oder Halbrelief in HO bei Faller (Walthers) im Programm. Es spricht auch nichts gegen Eigenbauten im Modell.
Nicht nur Anlagen und Fahrzeuge
Ein großer Teil des Bahntransportes belief sich auch auf den Viehtransport. Bis 1990 war es an der Tagesordnung Tiere zwischen den LPG zu transportieren um Tiere zu tauschen, aber auch für den Schlachthoftransport. Gerade Schweine und Kühe traten oft ihre "letzte Reise" mit der Bahn an. Aber nicht nur diese Transporte sollen erwähnt werden, Tiere spielen auch auf der Modellbahn zur Gestaltung eine nicht unwichtige Rolle. Beleben sie doch die Anlage, ihr Vorteil, sie leben ewig.
Auch bleibt das Leben auf dem Land nicht stehen, nicht nur bis zur Epoche IV rentiert es sich Landwirtschaftsthemen zu gestalten. Ach ab der V sind moderne Höfe, Pensionen, Wirtshäuser , Hofläden, Weinanbau und lokales Handwerk die Lebensadern. Restaurierte Höfe mit Tieren und moderne Lebensweise spielen heute eine ganz wichtige Rolle und dienen dem Erhalt des ländlichen Lebens. Auch war und ist der Bäuerliche Beruf nichts für "Weicheier", morgens um fünf in den Stall, körperliche Arbeit und bis in die Nacht mit dem Traktor auf dem Feld, daß verdient Respekt, denn essen wollen ja alle und möglichst billig, was respektlos gegenüber dem Vieh und des Berufsstandes ist.
Nicht nur Idylle...
Heute sind Postkarten und Zigarren Sammelbilder oder Sammelserien von Consum-, Landwirtschaftsvereinen eine Historische Fundgrube für das damalige Leben und den Technischen Fortschritt in jener Zeit. Auch die Saalfelder "Mauxion"-Schokoladenfabrik gab solche Schokoladen Bild Sammelserien heraus.
Es ist auf der Modellbahn eine "heile Welt" und Idylle der Landwirtschaft umzusetzen. So sieht doch die Realität bis in die heutige Zeit anders aus. Frühzeitiges Aufstehen, Harte körperliche Arbeit, kein Sonn- und Feiertag, kein Urlaub, im Sommer bis zur Dämmerung auf dem Feld, Nachts Geburtshelfer bei Tieren, Forstarbeiten, Unterhaltungsarbeiten für Maschinen, Viehweiden um nur einige zu nennen. Hinzu kommen für Frauen die Tieraufzucht, der Haushalt, eine kleine Pension, früher der Bauernmarkt, heute der Hofladen, Kindererziehung, Frau und Mutter. Aber wer an der Landwirtschaft und ihren Nebeneinkünften Gefallen gefunden hat, der nimmt alles in Kauf.
Auch Eisenbahner waren Landwirte...
Bis in die 80er Jahre waren Eisenbahner auch Landwirte, so gab es doch die Bahn-Landwirtschaft, in der Eisenbahner vereinigt waren. Auch eine Zeitschrift mit Tips, Ratschlägen und Beiträgen erhielten die Eisenbahn Landwirte.
Der Beruf und die Flächen brachten es mit sich. So waren bereits in den Gründungsjahren der Bahnlinien Überlegungen im Raum um die Flächen an den Bahnlinien zu bewirtschaften und zu pflegen. Im Städtischen Bereich auch auf dem Land gab es Pachtflächen für Eisenbahn Gärten, die rund um das Bahngelände entstanden, deren Erwerb beim Bahnbau erforderlich war. Auf dem Land gab es viele Feld- und Wiesenflächen zur Versorgung der Familien und der Viehhaltung. Meist in den Wohnhäusern der Eisenbahn fanden sich Kleintierställe für Hühner, Hasen, Ziegen. Auf dem Land hatten die Eisenbahner zum großen Teil eigene Grundstücke und pachteten Gemeinde- oder Bahnland hinzu. In erster Linie dienten die Flächen der Versorgung der Familien, dem Freizeitausgleich vom Wechseldienst, der Landschafts- und Grundstückspflege und eine Einnahmequelle der Bahn bei geringer Pachtgebühr. Gleichfalls sparte die Bahn Personalgebühren da diese Flächen freiwillig in der Freizeit bearbeitet wurden und so Arbeitskräfte für Mäh- und Unterhaltungsarbeiten benötigt wurden. Die sogenannte Winn- / Winn Situation.
Zweiteilung der Systeme nach 1945
Nach Gründung der Deutschen Bundesbahn wurden die DRG Strukturen der Eisenbahn-Landwirtschaft übernommen. Kleingärten, Pacht-, Feld- und Landwirtschaftsflächen unterstanden den Strukturen der Bundesbahn - Landwirtschaft. Verpachtung, Vergabe und Verwaltung oblag den Bundesbahndirektionen.
Bei der DR unterlagen diese Flächen den jeweiligen Reichsbahnämtern und Dienststellen. Diese verwalteten die Strukturen. Auch geringe Pacht im Verhältnis Aufwand / Nutzen sorgten zur Versorgung der Eisenbahner. Zum Teil verwalteten auch Bahnbetriebswerke, Bahnmeistereien und Hauptdienststellen der Bahnhöfe diese Flächen. Die Strukturen ähnelten auch der Bundesbahn, da diese ja auch aus den DRG Strukturen hervorgingen.
Nach 1994 mit Gründung der DB AG wurden alle Grundstücke der Eisenbahn Landwirtschaft zugeschlagen mit Ausnahmen. Ein großer Teil der Grundstücke wurde verkauft, Eisenbahner mußten ihre Gärten aufgeben, Strukturänderungen der Verwaltung und Strecken. Auch verstarben alte Pächter und Nachfolger waren und sind nicht in Sicht. Das Thema reduzierte sich zum großen Teil nur noch auf Gartenflächen. Wenige Grundstücke werden noch landwirtschaftlich genutzt, da der Eisenbahn Landwirt eine aussterbende Spezies ist. Lediglich Nutzflächen werden an regionale Landwirte verpachtet oder verkauft.
Heute sind diese Flächen zum großen Teil Brachland und Wildwuchs auf dem Land. In den Städten verschwinden einstige grüne Oasen im "Betonstrudel", so werden diese Flächen verkauft und für "ordentliches Geld" zu Wohnsiedlungen umgebaut. Diese Flächen die einst der Versorgung, Erholung und dem Freizeitausgleich dienten sind fast Historie.
Umsetzung im Modell
Das Angebot ist riesig zum Thema Landwirtschaft in allen Spurweiten. Geht es nicht nur um Fahrzeuge, auch das Zubehör, Gebäude, Figuren sind wichtig und sollten geschickt in Szene gesetzt werden.
Das Wichtigste Getränk der Deutschen...
Bereits seit dem Reinheitsgebot des Deutschen Bieres von 1516 war das Transportgut Hopfen in aller Munde. Große Hopfenanbaugebiete mußten an Privatpersonen mit Braurecht und Brauereien Hopfen versenden. Mit dem Transport des ersten Ladegutes auf der ersten Deutschen Eisenbahn Nürnberg-Fürth einem Faß Patrizier Bier wurde die Bedeutung des Getränkes für Hopfenbauern, Malzproduzenten und die Eisenbahn eingeleitet. Riesige Mengen für die Bierproduktion wurden mit dem Güterzug transportiert. Eigene Güterwagen der Stolz mancher Brauerei zierten die Güterzüge. Ganze "Bierzüge" verkehrten von München nach Berlin und in andere Großstädte um das Süffige Getränk egal in welcher Sorte dem Konsumenten anzubieten. Nicht ohne hin war Bier das Getränk Nummer Eins. Gefolgt von Wein, Sekt und Spirituosen auch hier wurden große Tonnagen vom Produzenten in Keltereien oder Schnaps und Likörfabriken mit der Bahn transportiert. Weinreben, Obst für Obstbrände, Kräuter und Zuschlagstoffe. Hinzu kamen Holz für Böttchereien zur Faßherstellung, Bierkästen, Rücktransport leerer Bierfässer, Weinflaschen, Weinballons und Tankwagen für Bier und Wein. Ein eigenständiges Resort für den Bahnverkehr, dessen Ursprung in der Landwirtschaft liegt. Aber auch der Transport aller Getränke mit Pferdefuhrwerken, LKW oder anderen Transportmitteln soll nicht unerwähnt bleiben. Denkt man an Transporte von und zu den Brauereien, den Keltereien, den Handels Kontoren und Verlegerfirmen und auch vom Feld zur Bearbeitung oder Verladung so lassen sich in Bezug zum Thema interessante typische Szenen nachgestalten.
Eine kleine Historische Auflistung der Brauereien in Oberfranken und Thüringen, die für den Transport von Gütern sorgten und bis in die Nachkriegszeit unbekümmert über die Ländergrenzen lieferten.
1.) Bürgerliches Brauhhaus Saalfeld
2.) Pörze Brauerei Rudolstadt
3.) Rosenbrauerei Pößneck
4.) Exportbrauerei Neustadt (Orla)
5.) Brauerei Watzdorf
6.) Brauerei Schmitt Singen
7.) Privatbrauerei Königsee
8.) Peterbräu Königsee
9.) Brauerei Marktgölitz
10.) Brauerei Falkenstein
11.) Burgbräu Lauenstein
12.) Jahns Bräu Ludwigsstadt
13.) Leiner Bräu Förtschendorf
14.) Brauerei Hansveit Rothenkirchen
Was wird den Landwirtschaftsprodukten im Modell ???
Natürlich gibt es kein Schlachtfest im Modell aber Party, Wirtshäuser, Volksfeste sind ein fester Bestandteil im Modell und hier kann man realistische Aspekte mit einfliessen lassen.
Verarbeitung, Verkauf, Schlachtung gehören zum täglichen Broterwerb der Landwirte auch im Modell gibt es Detailreche Vorlagen die das Thema Landwirtschaft diesbezüglich abrunden.
Bilder-Ausflug in die Landwirtschaft als Anregung mit für die Modellbahn...
Landwirtschaft fliesst unter verschiedenen Gesichtspunkten mit auf der Modellbahn ein. Meist ergeben sich die Gestaltungsgesichtspunkte erst nach dem Bau und nach den noch bestehenden Platzverhältnissen. Ob bewußt oder unbewußt, Landwirtschaft spiegelt sich auf vielen Modellbahnanlagen wieder und ist auch ein dankbares Thema. Wie intensiv Sie die Modellbahn Landwirtschaft betreiben liegt ganz bei Ihnen, ich hoffe nur, daß Sie sich einige Ideen und Anregungen geholt haben oder Ihre mit meinen Ideen und Vorschlägen kombinieren können, viel Vergnügen.